Very rare by nature - H. Moser & Cie.

BEGEGNUNG MIT EINEM FREIGEIST​

Ein offenes Gespräch mit dem Uhrenfotografen Dante T. EUSTIS

Von S. Homer​

Es mag überraschen, dass der Uhrenfotograf Eustis selbst ein wenig kamerascheu ist. Hinter seinen bekannten Bildern verbirgt sich ein Mann, der nicht gerne im Rampenlicht steht. Manche mögen seine zurückgezogene Art als Fluch betrachten, doch Eustis selbst sieht sie als Segen. „Wäre ich jemand, der im Mittelpunkt stehen will, dann wäre ich nicht so gut bei meiner Arbeit. Ich verstehe den unabhängigen Geist meiner Sujets – sie möchten ihren eigenen Ansprüchen genügen, statt nach den Maßstäben anderer gepriesen zu werden“, erklärt er. Obwohl Dante T. Eustis eigentlich nicht gerne mit der Presse spricht, erklärte er sich bereit, sich mit uns zusammenzusetzen, um mehr über sein Werk zu erzählen – und über seine neueste Serie, die eine Auswahl sehr rarer Spezies zeigt, die zum ersten Mal in ihren natürlichen Lebensräumen fotografiert wurden.​
SH
Vielen Dank, dass wir uns heute treffen können. Wir wissen, dass Sie von Interviews nicht gerade begeistert sind.​
DE
Es ist mir ein Vergnügen.​
SH
Was macht eine Uhr in Ihren Augen „sehr rar“?​
DE
Was für eine Frage. Ich würde das nicht nur an einer Sache festmachen. Schweizer Savoir-faire ist natürlich eine unerlässliche Voraussetzung, aber trotzdem ist die technische Meisterschaft nur ein Teil des Ganzen. Das Gleiche gilt für das Design. Es gibt viele schöne Uhren, doch ich denke, was die sehr raren Exemplare auszeichnet, ist die Kombination von Form und Intention. Nehmen wir zum Beispiel die Streamliner Small Seconds Blue Enamel: Das Design lässt diese Kreation modern und minimalistisch wirken, doch tatsächlich ist zur Fertigung des Zifferblatts eine aufwendige, traditionelle Emailliertechnik erforderlich. Es ist also eine Uhr für Kenner, nicht für diejenigen, die wollen, dass auch alle anderen die Besonderheiten bemerken.​
SH
Wie bereiten Sie sich auf ein Shooting vor? Da steckt sicher viel Recherche dahinter.​
DE
Alles beginnt damit, mein Motiv aufzuspüren und seinen Lebensraum zu bestimmen – das ist der schwierigste Teil. Dann beginnt die Beobachtungsphase. Ich ziehe nicht sofort mit der Kamera los. Um ein eindrucksvolles Foto zu gewährleisten, muss ich das Terrain sondieren, ihre Gewohnheiten studieren … falls sie welche haben. Alle H. Moser-Spezies sind geborene Abenteurer. Wenn sie irgendwo eine Chance sehen, werden sie diese garantiert ergreifen. Berechenbarkeit liegt also schlicht nicht in ihrer Natur. Das bewundere ich an ihnen.
SH
Welche H. Moser war am schwierigsten zu fotografieren?
DE
Nun, leicht zu fotografieren ist keine – das versteht sich von selbst. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir jedoch eine Begegnung mit der Endeavour Tourbillon Concept Vantablack®. Diese Uhr war für mich schon immer der Inbegriff von „weniger ist mehr“. Vantablack® ist eines der dunkelsten Materialien, die je von Menschenhand geschaffen wurden. Es war ein Riesenglück, dass ich diese H. Moser vor Einbruch der Dunkelheit entdeckt habe – sonst wäre sie praktisch unsichtbar geworden. Ich weiss noch, wie ihre rotgoldenen Komponenten in der untergehenden Sonne glitzerten. Es war, als würde man eine Sonnenfinsternis erleben.
SH
Gibt es rare Spezies, die Sie noch nicht fotografiert haben, die aber auf Ihrer Wunschliste stehen?
DE
Klar. Meine Arbeit ist nichts, was man auf die Schnelle macht … Es ist eine lebenslange Leidenschaft, die viel Geduld erfordert. Zum Beispiel habe ich die Streamliner Minute Repeater und ihr prachtvolles „Grand Feu“-Emaillezifferblatt in Aqua Blue Fumé noch nie im wirklichen Leben zu Gesicht bekommen. Einmal habe ich allerdings ihr charakteristisches akustisches Signal gehört – das bezaubernde Läuten ihrer Minutenrepetition. Doch als ich dann den Kopf in die Richtung drehte, aus der es kam, war nichts zu sehen.

Die neueste Arbeit von Dante T. Eustis